Mit der SEH Sports & Entertainment Holding hat der FC Viktoria 1889 einen starken Partner an seiner Seite. Zeljko Karajica, der Geschäftsführer des Gesellschafters, spricht im Interview mit Michael Jahn für die Berliner Zeitung über seine Pläne und Visionen für die Himmelblauen und betont, dass mit dem Engagement ein nachhaltiger Weg eingeschlagen wurde.
Herr Karajica, wie sind Sie als erfolgreiche Unternehmer aus Hamburg auf die Idee gekommen, sich ausgerechnet bei Viktoria 89 zu engagieren?
Zeljko Karajica: Es gibt ja die Vorgeschichte, als im Mai 2018 die Advantage Sports Union mit dem chinesischen Investor Alex Zheng bei Viktoria einstieg. Doch die Zusammenarbeit platzte im Dezember 2018, die Zahlungen blieben aus und Viktoria musste einen Insolvenzantrag stellen. Die näheren Umstände will ich hier nicht erläutern. Nachdem die Mitglieder die Ausgliederung der ersten Männermannschaft in eine Kapitalgesellschaft beschlossen, konnte das Insolvenzverfahren Ende 2019 abgeschlossen werden. Ich war damals noch bei ProSiebenSat1 tätig und wir besaßen ein kleines Beratungsmandat bei Viktoria.
Und wie ging es weiter?
Ich habe mit meinem Bruder Tomislav gesprochen und gesagt, solch einer Perle wie Viktoria nicht zu helfen, wäre ein Fehler. Denn wir reden hier über den Standort Berlin, über den zweitältesten Fußballverein Deutschlands und den Verein mit der größten Nachwuchsabteilung im deutschen Fußball.
Was passierte konkret?
Tomislav stieg zuerst als Privatperson ein und verhinderte den Exodus bei Viktoria. Dann wurde er Hauptgesellschafter der Kapitalgesellschaft und im Mai 2020 stieg ich als geschäftsführender Gesellschafter bei der SEH Sports & Entertainment Holding ein, die Tomislav gegründet hatte. Viktoria war bereit, mit einem guten Partner zu arbeiten und wir wollen den Verein mit überschaubaren Mitteln nach oben führen.
Wie gehen Sie an diese große Aufgabe heran?
Wir sind Unternehmer und glauben, dass man mit vernünftiger Arbeit viel erreichen kann. Wir suchen nicht den ganz schnellen Weg zum Erfolg, sondern einen nachhaltigen Weg. Wir kaufen keine fertigen Profis für Millionen, wir setzen auf den eigenen Nachwuchs, werden auch ein Nachwuchsleistungszentrum bauen. Man benötigt aber Profis an den wichtigen Stellen, beim Trainer, beim Sportdirektor, in der Medizinischen Abteilung, im Scouting. All das haben wir bereits geschaffen.
Die Mannschaft von Trainer Benedetto Muzzicato steht nach elf Spielen mit elf Siegen souverän an der Spitze der Regionalliga Nordost, die im November 2020 wegen der Pandemie unterbrochen wurde. Ab Ende März soll zumindest die Hinrunde zu Ende gespielt werden. Viktoria steht vor dem Aufstieg. Hat Sie die rasante Entwicklung überrascht?
Nein, eher, dass wir 2019/20 nicht die Kurve bekommen haben und nur auf Platz acht landeten. Wir hatten eine starke Abwehr, haben aber vorne keine Tore gemacht. Das haben wir geändert und gute Offensivkräfte geholt, etwa den Finnen Kimmo Hovi oder Enes Küc und zudem Spieler aus der eigenen Jugend nach oben gezogen.
Sie setzen stark auf den Nachwuchs?
Ja. Wir wollen jede Saison drei Jungs aus der eigenen U19 hoch zu den Profis holen. Das ist uns zuletzt immer gelungen und wird auch in der kommenden Spielzeit so sein. Junge Talente sehen doch, dass es bei uns einfacher ist, in den Profifußball zu gelangen, als etwa bei Hertha BSC. Dort werden oft teure Profis aus dem Ausland geholt. Wenn wir die dritte Kraft geworden sind, werden viele Talente aus dem Umland sagen: Da will ich hin, da kann ich etwas erreichen.
Noch einmal zurück zu ihrem Engagement. In Berlin scheiterten schon einige Investoren am Ziel, die dritte Kraft zu werden, etwa der Berliner AK oder zuletzt Berlin United.
Wir haben von Beginn an gesagt, wir wollen die dritte Kraft werden – schon bei der ersten Mitgliederversammlung, auf der wir aufgetreten sind. Wir gehen alles unternehmerisch an, man kann dabei auch scheitern. Wir haben keine Blaupause auf Erfolg. Aber die Fehlversuche von anderen interessieren mich nicht so. Wir reden im Fußball oft über die Gescheiterten, aber wir orientieren uns lieber an positiven Beispielen wie Mainz, Augsburg oder Hoffenheim. Dort wird sehr gute Arbeit geleistet.
Ihr Bruder und Sie besitzen große Erfahrung als Unternehmer…
Mein Bruder ist parallel auch Hauptgesellschafter der Basketballer der Hamburg Towers. Aus einem sozialen Projekt hat er einen Bundesligisten gemacht. Wir besitzen Know-how. Als langjähriger Medienmanager weiß ich zudem, wie man Sport präsentiert.
Und wie sieht die Arbeitsteilung unter Brüdern aus?
Wir sind beide Hauptgesellschafter der SEH Sports & Entertainment Holding, ich arbeite eher im tagesaktuellen Geschäft, mein Bruder an vielen Projekten. Wenn mediale Performance gefragt ist, bin ich am Zuge. Auch bei Vermarktung, Digitalisierung oder Markenaufbau. Wir haben die gleiche Mentalität und wissen als ehemalige Sportler, dass man auch mal in die 15. Runde oder ins Elfmeterschießen gehen, also einen langen Atem besitzen muss.
Im Februar 2019 war ihr Bruder Tomislav auch beim österreichischen Zweitligisten Austria Klagenfurt als Gesellschafter eingestiegen. Wird es in Zukunft eine Kooperation mit Viktoria geben?
Zumindest beim Know-how-Transfer. Eine Zusammenarbeit ist erstrebenswert, aber es gibtauch extreme Unterschiede. Wir werden schauen, wo man sich ergänzen kann.
Sie haben nun in Berlin ein neues, 75.000 Quadratmeter großes Trainingsgelände am Wildspitzweg in Mariendorf erworben. Neben den ersten Männern und Frauen sollen dort auch die U17 und U19 trainieren.
Das ist ein ganz wichtiger Schritt zur Professionalisierung. Wer gut und erfolgreich spielen will, benötigt beste Trainingsbedingungen. Die schaffen wir dort gerade mit voller Kraft. Und das mitten in Berlin.
Viktoria hat die Lizenzunterlagen für die Dritte Liga eingereicht, aber noch kein Drittligataugliches Stadion, weil die Anlage in Lichterfelde nicht geeignet ist. Was passiert nun?
Es ist sehr schade, dass der Jahnsportpark nicht zur Verfügung steht, was Probleme schafft. Wir stehen in konstruktiven Gesprächen mit der Stadt. Ich möchte aber nicht vorgreifen, wir werden eine Lösung finden.
Bislang war Viktoria kein Zuschauermagnet. Wie sollen in Zukunft mehr Fans gewonnen werden?
Bis zur Pandemie hatten wir sehr überschaubare Zuschauerzahlen. Danach waren – je nachdem wie viele Zuschauer zugelassen waren – die Tickets Online schnell weg – 250, 500 bis 2.000. Früher hat man die Zuschauer nicht als Viktoria-Anhänger erkannt, zuletzt kam das Gros mit Schals, Mützen oder Viktoria-Trikots. Das hat mich sehr gefreut. Wir können das nur langsam entwickeln und besser werden.
Ist Ihr Engagement bei Viktoria zeitlich begrenzt?
Nein. Es gibt ein Einstiegsdatum, aber kein Ausstiegsdatum. Mit Trainer Muzzicato und Sportdirektor Rocco Teichmann haben wir die Verträge verlängert. Peer Jaekel ist neuer Geschäftsführer. Wir haben eine tolle Truppe zusammen.